04-10-2017

Archstudio: The Great Wall Museum of Fine Art in Zi Bo (China)

Shan Dong Province, Zi Bo City (China),

Mit dem Projekt des Great Wall Museum of Fine Art in der Stadt Zi Bo, in China, erläutert Han Wen-Qiang (Archstudio) seine Definition der architektonischen Sanierung einer ehemaligen Arzneimittelfabrik.



Archstudio: The Great Wall Museum of Fine Art in Zi Bo (China)
Der Bau eines angemessenen Sitzes für das neue Great Wall Museum of Fine Art wird zum Anlass, über die Entwicklung der Stadt nachzudenken und Han Wen-Qiang, der Gründer und Leiter von Archstudio, macht dies im Sinne der Stadtregenerierung.
Seine Überlegung zur Entwicklung der chinesischen Städte in den letzten Jahrzehnten zeigt die verbreitete Tendenz, Bauten abzureißen und woanders dann neu zu errichten anstatt den ursprünglichen Gebäuden die Möglichkeit zu geben, zu einem neuen Leben zurückzukehren. Die schnelle Expansion der Städte und die gestiegenen wirtschaftlichen Möglichkeiten haben zu einem weit verbreiteten Wunsch nach einer Verbesserung aus den eher bescheidenen Verhältnissen geführt.  All dies manifestiert sich dann in der Tendenz, die Vergangenheit auslöschen zu wollen, wobei die Gebäude deren greifbarstes Symbol sind, im Namen einer als würdevoller, bequemer und besser zur Darstellung des neuen Geschichtsverlaufs erachteten Modernität. Das Ergebnis war überall der Abriss ganzer zentraler Bereiche mit alten, vernachlässigten und verlassenen Strukturen und die Urbanisierung neuer Stadtrandgebiete. Nicht anders wie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den industrialisierten Städten weltweit geschehen ist.
Mit diesem Projekt behaupten Han Wen-Qiang und Archstudio, dass die Geschichte einen vorrangigen Wert hat, da sie Ausdruck einer sich entwickelnden Identität ist, die nach deren Anerkennung dann zur kulturellen Darstellung wird. Die Kunst findet oft Unterschlupf in Orten voller Erinnerung und das ist auch der Fall beim Great Wall Museum of Fine Art, das auf dem Industriegelände der ehemaligen Arzneimittelfabrik von Zi Bo steht.
Die Anlage aus dem Jahr 1943 liegt in der Nähe des Bahnhofs und dessen, was sich heute zum lebhaften Stadtzentrum entwickelt hat. Eben diese Entwicklung und die Gentrifizierung haben im Laufe der Zeit zur Notwendigkeit geführt, die alte Fabrik abzuschalten und die Ausrüstung und die Büros in ein neues Industriegebiet am Stadtrand auszulagern. Jahrelang haben die Werkstätten und Lagerhallen leer gestanden und sind allmählich heruntergekommen. Aber wie es eben so oft der Fall ist bei Menschen, die die “unbewussten” Zeugen der Geschichte aufmerksam betrachten, hat diese Fabrik die vorbeikommenden Künstler fasziniert. Daher die Idee von Archstudio, die Fabrik zu sanieren und zu einer Ausstellungsgalerie umzugestalten, damit die Faszination der kulturell interessierten Menschen sich in einer neuen Funktion konkretisieren kann.
Das Gelände von rund 3.800 Quadratmetern hat einen regelmäßigen Verlauf und wird von 3 Hauptkörpern und zwei großen, miteinander verbundenen Höfen – einer im Norden und einer im Süden, in dem sich auch der Haupteingang befindet – markiert. Weitere Lagerbauten schließen das Industriegelände im Süden. Alle diese Gebäude wurden gereinigt und saniert, wobei deren aktueller Zustand mit den deutlichen Zeichen der Zeit bewahrt wurde: Sie bilden einen Kontext, ein Behältnis der Erinnerungen, die bei der Restaurierung eingefangen werden und eine Geschichte erzählen, die im Jahr 1943 begann. Nachdem also die beiden wichtigsten Baukörper wieder nutzbar und funktional waren, konnte man anhand der einfachen Installation eines neuen Beleuchtungssystem und der als Trennwände fungierenden Aussteller einen großflächiger Ausstellungsraum schaffen. Archstudio hat sich daraufhin für eine neue Ordnung der Raumnutzung entschieden. Es handelt sich nicht einfach um die Rückgewinnung großer überdachter und einschiffiger Räume, die sich mit temporären Gestaltungen umfunktionieren lassen, sondern um die Planung eines permanenten Nutzungssystems, bei dem das architektonische Behältnis von Mal zu Mal zur künstlerischen Bühne oder einem operativen Ort für Kunst werden kann.
Auf diese Weise entsteht ein Tunnel aus Stahl und Glas, der parallel verläuft und sich dabei an einigen Stellen wortwörtlich an das ursprünglichen Mauerwerk anlehnt oder in die Fabrik eindringt oder an anderen Stellen komplett durchquert. Ein Weg auf zwei Ebenen, der die beiden Hauptkörper anhand eines dritten räumlichen Elements in klarem Kontrast verbindet: Der abgenutzte und mit Farbe gestrichene Backstein des alten Werks konfrontiert sich mit der absoluten auch geometrischen Perfektion der Linien, des Glases und des Stahls des neuen Tunnels. Ein Weg, der nicht nur ein solcher ist, sondern bei dem die Räume in Umgebungen unterteilt wurden, als Bookshop, Teesalon, Künstleratelier, Konferenz- und Sitzungsraum. Alles mit einem präzisen Ziel, das anhand der Wahl der Transparenz des Neuen erhalten wurde, anhand der Durchdringung von Alt und Neu, wo Drinnen und Draußen miteinander verschmelzen und die Kunst und deren klassifizierte Ausstellung als Teil einer umfassenderen und vielfältigeren Überlegung erlebt werden.

Mara Corradi

Architects: Han Wen qiang, Cong Xiao, Huang Tao
Location:Shan Dong Province, Zi Bo city (China)
Architectural space:  3795 sqm
Design time:2014.11—2015.10
Construction time:2014.11—2015.01
New structure in steel and glass
Floors: steel and concrete 
Photographer:  © Wang Ning

http://archstudio.cn

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